Landesnachrichten Zeitschrift der Deutsch-Finnischen Gesellschaft Nordrhein-Westfalen e.V. Nr. 84 - November 1996
Das neue Logistikzentrum Nordeuropas Das "neue Nordeuropa", gebildet von Skandinavien, den baltischen Ländern und dem Nordwesten Rußlands bietet mit zunehmender Tendenz der globalen Transportwirtschaft interessante Chancen. In dieser Entwicklung der See-, Luft-, Schienen- und Straßentransporte bietet Finnland ein umfangreiches Logistik-Know-how und modernste Infrastruktur. Finnland - das Logistikzentrum Nordeuropas - ist dabei, die Wettbewerbsfähigkeit ständig zu verbessern. Zur Zeit des Zusammenbruchs der Sowjetunion gründeten die wichtigsten finnischen Unternehmen aus dem Bereichen Schiffahrt, Hafendienst, Bahn-, Straßen- und Lufttransporte sowie die größten Speditionen die FINNLOAD-Gruppe. Bei den Hilfslieferungen, vorwiegend Lebensmittel, für Rußland und die GUS-Staaten ist es nicht geblieben; eine Menge Konsumgüter, Luxusartikel und In-vestionsgüter wurden über Finnland exportiert. Der riesige Bedarf an westlichen Produkten im Osten und Südosten von Finnland und die geographische Lage (die Grenze zwischen EU und Rußland) , bringen Finnland in eine besonders günstige Position. Im Umkreis von 1000 km können von Finnland aus 30 - 40 Millionen Menschen in 24 Stunden erreicht werden. Lennart Andersson, Geschäftsführer der FINNLOAD, schätzt, daß in St. Petersburg etwa 200 000 Menschen die gleiche Kaufkraft haben wie sehr gut verdienende Finnen. Vom Westen aus besteht dagegen Interesse an Rohstoffen wie Öl, Metalle, Mineralien und Holz. am Rande des Polarkreises von Hardy Hoogh
Oulu. Am Küsten-Highway ein Hinweis: "Noch 123 km bis Zeppelin." Die Schilder wiederholen sich. Dann kilometerweit vorher meterhohe Neonbuchstaben "Zeppelin", darunter ein knallroter Z-Blitz als Emblem am 40 Meter hohen Gittermast und unübersehbar: "Nächste Ausfahrt Zeppelin." Die gewaltige Anlage aus Beton, Glas und Stahl bietet von der Tankstelle bis zur Apotheke, vom Bank- und Postautomaten über Supermarkt und Friseur bis zum Schuster alles, was Konsumenten von "Skandinaviens modernstem Einkaufszentrum" erwarten können. Sogar Steckdosen gibt es auf dem riesigen Parkplatz für die Standheizungen der Kundenautos. Schließlich liegt Oulu auf 65 Grad Nord nur wenig südlich des Polarkreises. Dieses Center bietet einen Vorgeschmack auf das "Silicon Valley Finnlands", die Stadt Oulu, die sich selbstbewußt "Kalottenhauptstadt" nennt. Die dort erst 1958 gegründete Universität erlangte bald einen guten Ruf. Physik, vor allem Elektronik, zieht Forscher und Firmen zunehmend an. 1984 fiel der Startschuß für "Teknologiakylä" (kylä = Dorf). Der Technologiepark wurde im idyllischen Vorort Linnanmaa unmittelbar westlich neben der Universität angelegt. Breite Straßen, viel Grün und manchmal recht futuristische Architektur auf dem 200-Hektar-Gelände wirken großzügig und freundlich. Den Besucher empfängt eine positive Atmosphäre auch in den lichten Räumen. Notwendige Sicherheitseinrichtungen sind diskret kaschiert. Über hundert Firmen sind schon im "Dorf"Am "Dorf"-Eingang eine große Orientierungstafel und überall Hinweisschilder. Das Dorf hat sich inzwischen zur "Teknopolis" gemausert. Über hundert Firmen haben sich angesiedelt, weitere 50 in der Umgebung der Stadt. Der Mischkonzern Nokia verlegte die Mobiltelefon-Entwicklung hierher, und der Stahlproduzent Rautaruukki seine Forschungsabteilung. Hinter der schlichten Angabe "Herstellung von Optoelektronik" der Noptel Oy verbergen sich lasergestützte Meßsysteme. Damit können die Bewegungen eines Gewehrs oder einer Pistole beim Zielen erfaßt und auf der Zielscheibe sichtbar gemacht werden. Für Sportschützen und Militär ist das eine einzigartige Trainingshilfe. Am Teknologiantie ist das große staatliche Informations- und Forschungszentrum VTT mit seinen vier Labors für Elektronik, Optoelektronik, Computertechnik und Bautechnik angesiedelt. Zu deren Forschungen zählt die dreidimensionale Computersimulation bei der Planung von Maschinen, Industrieanlagen und Gebäuden. Den Kunden kommen dadurch erhebliche Kostenvorteile gegenüber konventioneller Planung zugute. Zusammenarbeit mit Unternehmen und Forschungseinrichtungen in Norwegen und Schweden gehört ebenso zum Alltag wie mit Karelien. Dabei darf man nicht vergessen, daß große Teile (Russisch-) Kareliens früher finnisch waren. Der stärkste Innovationsschub geht von mittleren Unternehmen aus. Beispiel dafür ist die Buscom Oy. Die 1979 gegründete Firma konzentriert sich auf Probleme des öffentlichen Nahverkehrs. Standzeiten von Bussen und Straßenbahnen oder Wartezeiten an Bergbahnen und Skiliften sind neuralgische Schwachstellen im Betriebsablauf. Zahlautomaten, die Karten mechanisch einziehen und -elektronisch ablesen, sind nichts Neues. Buscom entwickelte eine kontaktfreie Zahlkarte. Sie wird vom Benutzer beim Einstieg am Lesegerät vorbeigeführt. Das funktioniert sogar, wenn die Karte im Portemonnaie steckt. Andererseits erfolgt ein Signal, wenn sich ein Kunde "ohne" vorbeimogeln will, oder eine Zugangssperre öffnet sich nicht. Die kontaktfreie Karte bietet mehrere Vorteile. Sie kann verschieden programmiert werden, zum Beispiel als Zeit-, Mehrfahrten- oder ganz einfach als wiederaufladbare Scheckkarte. Der noch verbleibende Wertbetrag kann erkennbar gemacht werden. Die Karte gilt als fälschungssicher. Mit entsprechender Software kann das Gesamtsystem statistische Angaben sammeln und auswerten. Einige Unternehmen nutzen die High-Tech-Kapazität Oulus, unterhalten dort F & E-Abteilungen, produzieren aber "zu Hause", wie die Kajaani Elektroniikka Oy, die Geräte der Mikrowellentechnik und Meßgeräte der Industrieproduktion in Oulu entwickelt und in Kajaani herstellt. Kleinere Firmen können sich den Aufwand eigener Forschungsabteilungen nicht leisten, möchten aber dennoch präsent sein. Sie erteilen Entwicklungsaufträge und nutzen das umfassende Angebot von High-Tech Palvelu. Die Firma hat sich auf Bürodienstleistungen spezialisiert. Ob Sekretärin, Telefon, Kopierer, Postdienst, Fax, Telex oder Konferenzräume - alles kann nach der Baukastenmethode gemietet werden. Da sich mehrere Firmen die Nutzung teilen, werden die Einrichtungen besser ausgelastet und für den Nutzer preiswerter. Nicht der Physik, sondern der Ressource Mensch hat sich die Innotiimi Oulu verschrieben. Firmenneulinge sowie Mitarbeiter werden in Arbeitskreativität, Innovationsfähigkeit und Veränderungsbewältigung geschult. Für die Reichweite von Teknopolis steht die Findians Oy. Sie hat sich mit Indien liiert und bearbeitet indische Software, Handel-, Touristik- und Forschungsaufgaben. Drittes Zentrum ist bereits in Arbeit Seit dem Beitrittsgesuch Finnlands in die Europäische Union und der Aufnahme Oulus in den Verband der europäischen Regionen sind die deutsch-finnischen Beziehungen noch enger geworden: Im April 1993 wurde ein Kooperationsabkommen zwischen den Universitäten Ulm und Oulu geschlossen. Im Juni 1993 beteiligte sich eine nordfinnische Unternehmerdelegation an einem Unternehmertag in Baden-Württemberg. Ein Ergebnis der guten Zusammenarbeit ist der zunehmende Studenten- und Praktikantenaustausch. Zweites High-Tech-Zentrum ist Medipolis für Medizin-, Bio- und Gentechnologie. Im April 1991 wurde der erste Abschnitt in Betrieb genommen. 1993 sind beide fünfstöckigen Trakte, verbunden durch Galerien und einen glasüberdachten Innenhof, schon ganz ausgelastet. Eine Brücke aus Stahl und Glas führt im ersten Stock zur benachbarten medizinischen Fakultät und dem Uni-Krankenhaus Oyks. Hier gilt das gleiche Prinzip wie in der Teknopolis: engste Verzahnung von Grundlagen und Anwendungsforschung mit der Praxis. Staat, Stadt und Privatunternehmen fungieren hier ebenfalls als Betreiber. Auch in Medipolis spezialisieren sich Firmen auf die Vermarktung dort erzielter Forschungsergebnisse. Noch wurde die letzte Ausbaustufe von Medipolis nicht vollendet, da ist bereits das dritte Technologiezentrum in der Vorbereitung: Im Süden der Stadt entsteht ein weitläufiger Komplex, in dem regenerierbare Energien und Umwelttechnologien für die Praxis so entwickelt werden sollen, daß sich die Anwendung auch rechnet. In der Stadt der langen Winternächte packt man sogar Probleme der SoIarenergienutzung beherzt an. Amt für Wirtschaft und Kommunikation POB 237, Torikatu 10 - FIN-90101 Oulu Tel. : 00358-8-314-1132 - Fax: 00358-8-314-1310 und Gateway-Knotenpunkt nach Rußland
Der Gemeindeverband der Region Oulu, genauer der Region Nord-Österbotten ist eine Organisation, die sowohl die innerfinnischen als auch die internationalen Entwicklungs- und Kooperationsvorhaben koordiniert und kanalisiert. Diese koordinierende Rolle auf nationaler wie auch auf der EU-Ebene bedeutet, daß der Verband auf der regionalen Ebene für die Erstellung, Durchführung und die Überwachung der EU-Zielprogramme verantwortlich zeichnet. Daher ist der Regionalverband Ansprechpartner für alle europäischen Interessengruppen, ganz gleich, ob es um die Suche nach einem passenden High-Tech-Partner in der Technologieregion Oulu geht oder um den Gateway nach Nordwest-Rußland. Kari.Nenonen*, bis Ende September 1996 noch Leiter der Entwicklungsabteilung im Städte- und Gemeindeverband der Region, ist überzeugt davon, daß die Region Nord-Österbotten den anderen Staaten in der Europäischen Union viel zu bieten und zu geben hat. Das Herz der Region, die Stadt Oulu und ihr näheres Einzugsgebiet, sind ein international bekanntes und anerkanntes High-Tech-Zentrum; andere Gebiete der Region haben in anderen Fachgebieten Kompetenzen und Kapazitäten aufzuweisen. Die geographische Lage an der "Endstation" der Ostsee, zwischen der Europäischen Union und Nordwest-Rußland, verschaffen der Region auf geradezu natürliche Weise die Stellung als Gateway zwischen Ost und West.Die Denkmodelle der Europäischen Union unterstützen diese in der Region schon seit einigen Jahren eingeleitete Entwicklung. Das Interreg- und das Interreg II C-Programm sowie das cross-boarder-Instrument des TACIS-Programms, kombiniert mit der Erfahrung der Finnen in der Zusammenarbeit mit den Nachbarn hinter der Ostgrenze, eröffnen interessante Aussichten für völlig neuartige Formen der europäischen Kooperation zwischen mehreren Ländern. Auch die europäische Förderpolitik, die die Region Nord-Österbotten mit bestimmten Förderinstrumenten und -mitteln ausstattet, führt möglicherweise zu Entwicklungen, für die sich auch andere EU-Mitglieder interessieren. Oulu: non elgible, aber Region europäisches Fördergebiet Nord-Österbotten ist nach dem Regionalmodell der EU in drei Teile untergliedert. Die Stadt Oulu und der nähere Einzugsbereich bilden die nördlichste nicht geförderte (non elgible) Region der EU. Der Westen der Region ist Ziel 5b-Gebiet, strukturschwaches ländliches Fördergebiet. Die östlichen Teile der Region wiederum gehören zum Ziel 5b-Gebiet, einer neuen Klasse von EU-Gebieten, die dünn besiedelte Gebiete in den nordischen Staaten betreffen. Die Zielprogramme der Europäischen Union und die Gemeinschaftsinitiativen zusammengerechnet bedeuten in der laufenden Programmphase für die Region Nord-Österbotten Entwicklungs- und Fördermittel im Umfang von 0,5 Milliarden DM. Da der Städte- und Gemeindeverband die Verantwortung für die Koordinierung der regionalen Entwicklungsarbeit trägt, kann daraus abgelesen werden, daß der Regionalverband insgesamt eine stärkere Rolle spielt als vergleichbare Organisationen in vielen Ländern Europas. Insgesamt haben die Gemeinden und Regionalverbände in Finnland eine wichtigere regionalpolitische Stellung. Dieses Modell schon traditionell starker Selbstverwaltung auf kommunaler und regionaler Ebene wurde auch nach dem Beitritt Finnlands zur EU nicht aufgegeben. Finnland verschaffte der Europäischen Union eine neue Ostgrenze. Die finnische Mitgliedschaft in der EU verschaffte der Union eine neue nördliche Dimension und gleichzeitig die direkte Grenznachbarschaft mit Rußland. Finnland und auch die heutige russische Föderation arbeiten schon lange im beiderseitigen Interesse an der Verringerung der negativen Auswirkungen dieser Grenze und an der Intensivierung der Kontakte zwischen den Staaten in allen Bereichen des Lebens. Auch die Europäische Union hat sich ähnliche Ziele gesetzt und unterstützt diese Bemühungen unter anderem durch die Gemeinschaftsinitiative der Interreg- und der TACIS-Programme. In diesem Zusammenhang unterstützt die EU auch die Zusammenarbeit zwischen mehreren Ländern. Bei der Interreg-Arbeit vereinen sich die Kräfte des Städte- und Gemeindeverbandes und der anderen Regionen in Nordfinnland. Ein Blick auf die Landkarte macht deutlich, daß diese Regionen in Nordfinnland eine ganz natürliche Rolle als Gateway zwischen Europa und Nordwest-Rußland innehaben. Internationale Kooperation Die Interreg- und TACIS-Programme haben weitgehend in die gleiche Richtung weisende Ziele. Die praktische Bedeutung liegt darin, daß dadurch eine vielseitigere Wirtschaftsstruktur und neue Arbeitsplätze geschaffen werden, die internationalen Kontakte ausgebaut und spezifisches Know-How verstärkt genutzt wird. Den finnischen Partnern bringt das Interreg-Programm in der ersten Phase vor allem Planungs-, Weiterbildungs- und Entwicklungsprojekte. Die Tatsache, daß Interreg, dessen Mittel ja nur in EU-Ländern verwendet werden dürfen, mit dem cross-boarder-Instrument des TACIS-Programms, das schwerpunktmäßig auch für Nordwest-Rußland eingesetzt wird, verknüpft werden kann, öffnet neue Türen der Kooperation, an der sicherlich auch andere Europäer Interesse haben. Die Zusammenarbeit mit der russischen Föderation interessiert die Finnen und sicher auch anderer Europäer, nicht nur aus dem Grund, daß dadurch ein Raum mit 9 Millionen Einwohnern erreicht wird und - nicht zuletzt - bedeutende Rohstoffressourcen nutzbar werden. Die Region Nord-Österbotten schaut sich in Europa um, einerseits um dorthin zu bringen, was es kann, und andererseits, um neue Kooperationspartner zu finden. * Entwicklungsleiter Kari Nenonen hat am 1.10.1996 bei der Stadt Oulu sein neues Amt als Direktor der Abteilung Internationale Beziehungen angetreten. Er ist erreichbar unter Tel. 00358-8-3141123 und eMail: Kari.Nenonen@ouka.fi
Zur Zeit wartet die Provinz Oulu darauf, als Mitglied der Euro-Barents-Arctic Region akzeptiert zu werden. Die Chancen dafür stehen hervorragend, und daher kann man sich schon fragen, welche Auswirkungen dieser Schritt für die weitere Entwicklung der Region haben wird. Die Barents RegionDas oberste Organ der Zusammenarbeit in der Barents-Region, der Barents-Rat, wurde mit der Verabschiedung der Kirkenes-Erklärung am 11. Januar 1993 durch die Außenminister der Teilnehmerstaaten Norwegen, Schweden, Finnland und Rußland sowie durch Vertreter aus Dänemark, Island und der Europäischen Union ins Leben gerufen. Gleichzeitig wurde der Barents-Regionalrat mit Vertretern der beteiligten Regionen gegründet Dies sind die Gouverneure von Lappland und Norrbotten, die Vorsitzenden der Regionalräte von Finnmark, Nordland und Troms sowie die Regionalgouverneure von Archangelsk und Murmansk. Zusätzlich wurden Vertreter des Sami-Rates in das Gremium mit aufgenommen. Schon im März 1993 wurde auch die Republik Karelien in die Barents-Region aufgenommen. Die Ziele des Barents-Rates und des Barents-Regionalrates bilden die Eckpfeiler der Zusammenarbeit im Barentsraum. Durch praktische und konkrete Projekte, die im Barents-Programm näher erläutert sind, versuchen die Teilnehmer gemeinsam Erfolge zu erzielen. Diese Eckpfeiler sind: Für den Raum Oulu ist dieses Projekt aus verschiedenen Gründen interessant. Beispielsweise ist die Vergabe von Geldern der EU teilweise von einer Einbindung der zu fördernden Vorhaben in grenzüberschreitende Maßnahmen abhängig. So wurden etwa im August 1996 von der EU-Kommission 61 Millionen Finnmark für die Barents-Region abrufbar gemacht. Man hofft dadurch die Hilfe Norwegens, Schwedens und Finnlands für Nord-west-Rußland zu unterstützen. Besonders die Nickel- und Kupferhochöfen auf der Kola-Halbinsel, in Nikel und Monchegorsk, die beide zu den fünf größten einzelnen Emmissions-quellen in Europa gehören, verursachen dort Umweltprobleme. Aber auch die weltweit höchste Dichte an Atomreaktoren, verursacht durch die Präsenz eines großen Teiles der russischen Flotte in Murmansk, bereitet den Menschen in der Region große Sorgen, denn die Schadstoffe breiten sich auch nach Westen aus. Aber auch die Lösung hausgemachter Probleme könnte durch die Zusammenarbeit gefördert werden. So ist zum Beispiel der Planzenbewuchs in der Nähe des russischen Monchegorsk als Folge der Emissionen äußerst gering, steigt aber nach Westen hin an. Auffällig ist aber auch, daß auf finnischem Gebiet der Bewuchs mit Flechten sehr dünn ist. Der Grund dafür ist die recht intensive Rentierzucht, die auf der russischen Seite so nicht betrieben wird. Da die Flechten von den Rentieren als Nahrung bevorzugt werden, nimmt ihr Bestand in Lappland rasch ab. Die Rentierzüchter aber sitzen in einer Zwickmühle, wie Raimo Gauriloff, der zweite Vorsitzende des Sámi-parlamentes erklärt. Im Winter muß immer mehr teures Futter gekauft und zugefüttert werden, um die Größe der Herden zu erhalten. Weil aber die Vermarktung der Rentierprodukte noch in den Kinderschuhen steckt, steigen die Preise nicht, und dies erlaubt es dem einzelnen Züchter nicht, seine Herden zu verkleinern. Gemeinsam wachen die Züchter aber schon darüber, daß der Bestand an Rentieren wenigstens nicht ansteigt. Der "Barents Corridor" Eine weitere Perspektive für Oulu ist der geplante "Barents-Corridor". Da die Infrastruktur die Grundlage für eine wirtschaftliche Zusammenarbeit darstellt, begann man schon vor einigen Jahren zahlreiche Verbesserungen zu planen. Ein Hauptproblem war und ist, daß die Eisenbahn- und Straßenverbindungen in Karelien und der Region Murmansk fast ausschließlich in Nord-Süd Richtung entwickelt sind. Die bestehende Eisenbahnverbindung zwischen Kajaani und Kostomuksa, die noch während der sowjetischen Zeit eingerichtet wurde, bekommt gerade eine Verlängerung zur Linie Murmansk - St. Petersburg. Damit ist auch eine erheblich Zeitersparnis für Transporte von und nach Archangelsk verbunden. Bei einem Blick auf die Karte wird schnell deutlich, daß zumindest ein Teil des Straßenverkehrs in der Barents - Region am Besten über die Provinz Oulu abgewickelt wird. Besonders der offizielle Grenzübergang Vartius ist für die Region wichtig. Aber auch der Grenzübergang Kelloselkä / Salla, der zusammen mit der Straße von Alakurtti nach Kelloselkä bis Ende September 1998 fertiggestellt sein soll, wird die Bedeutung Oulus als Transitregion noch erhöhen. Regionale Neustrukturierung? Im November wird die Regierung dem Parlament wahrscheinlich eine Gesetzesvorlage unterbreiten, die auf eine Reduzierung der finnischen Provinzen auf 5 und Åland abzielt. Sollte sich diese Vorlage durchsetzen, könnte das auch bedeuten, daß sich die Gewichtsverteilung in der Barents-Region verändert, meint Frau Kirsi Jääskö, Planerin bei der Provinzregierung Lapplands, und verantwortlich für Projekte im Zusammenhang mit der Barents-Region. Augenblicklich seien die drei norwegischen Mitglieder oft dominant, sie verfügten über mehr Geld, und dank der ausgeprägteren Regionalpolitik in Norwegen hätten sie weit größere Entscheidungsfreiheit und einen breiteren Handlungsspielraum. Nach dem Beitritt der Provinz Oulu zur Barents-Region und einer eventuellen Erweiterung der Befugnisse der regionalen Körperschaften könnte Finnland den weiteren Weg der Region wahrscheinlich erfolgreicher mitbestimmen. Literatur: Rautio, Paavo. EU-komissio lupasi Suomelle lähialueyhteistyöhön 365 miljoonaa, in: Helsingin Sanomat, 6.8.1996, S.3 Seppänen, Susanna. The Barents Region : An Emerging Market, Statistics Finland, Helsinki 1995 Tikkanen, Eero u. Irja Niemelä (Hrsg.). Kola Peninsula pollutants and forest ecosystems in Lapland, Gummerus, Jyväskylä 1995
Zur Gesamtübersicht der DFG-NRW Landesnachrichten
|