Landesnachrichten
Zeitschrift der Deutsch-Finnischen Gesellschaft Nordrhein-Westfalen e.V.
Nr. 86 - Mai 1997

Vom Dorffest zum Weltdorf
Kaustinen
30 Jahre Folk Music Festival
19. - 27.7.1997

Willkommen im Weltdorf
Das neue Volkskunstzentrum
Das Musikgymnasium Kaustinen


Kaustinen ist eine kleine Landesgemeinde mit etwa 5.000 Einwohnern. Es liegt im östlichen Mittelfinnland, 450 km nördlich von der Hauptstadt Helsinki.
Kaustinen ist berühmt durch sein großes und internationalen Volksmusikfestivals, das jährlich im Hochsommer stattfinden; im Sommer 1997 feiert man das 30. Jubiläumsjahr.

Dreißig Jahre Kaustinen Folk Music Festival und keine Anzeichen von Müdigkeit oder Stillstand.
Das Kaustinen Folk Music Festival, Kaustinen, Finnland, die ganze Weit haben sich im Laufe der letzten 30 Jahre rasant verändert.
Die Volksmusik hat in dieser Zeit weltweit drei große Umbruchphasen durchgemacht: die Folkwelle der 60-er Jahre, den Aufstieg der "Weltmusik" zum vielleicht wichtigsten neuen Musiktrend in den 80-er Jahren und schließlich, zum Ende des Jahrtausends, die Professionalisierung der Volksmusik und ihren Einzug in die Konzertsäle. Es gibt auch klare Anzeichen dafür, daß Rock und sonstige Unterhaltungsmusiker die Erwartungen der Volks- und Weltmusikfreunde in ihrem Repertoire stärker berücksichtigen.
Bei all diesen Veränderungen der Musiklandschaft erfreut sich die traditionelle Musik unerschütterlicher Beliebtheit. Die Konzerte des Meistervolkssängers Erkki Rankaviita sind geradezu überlaufen, schon fast in Vergessenheit geratene karelische Volkslieder und Kalevalagesang werden vorgetragen von jungen Frauen in Jeans und Turnschuhen, jeder Kantele- und Geigenspieler, der etwas auf sich hält, legt Wert darauf, auch die alten Stile zu beherrschen, der uralte gutturale Gesangsstil der Mongolen und Tuwinen füllt große Konzertsäle in aller Welt, der traditionelle shetländische Geigenstil von Aly Bain interessiert mehr junge Leute als dieser jemals zu unterrichten Zeit fände. Diese Aufzählung könnte man beliebig verlängern. Genau darum geht es in Kaustinen: um den Zusammenklang von Alt und Neu.


Willkommen im Weltdorf

Das Dorffest ist zum Weltdorf herangewachsen. In 30 Jahren ist Kaustinen zum größten Volksmusik- und Volkstanzfestival des Nordens geworden. Im Konzertsaal des funkelnagelneuen Zentrums für Volkskunst wird die Konzertreihe zum 30-jährigen Jubiläum veranstaltet, deren Programm Auftritte der kraftvollsten Interpreten der Volksmusik und des Volkstanzes umfaßt. Das ehrgeizigste Werk in diesem Saal wird Ville Ojanens Volks-Musical "Henrik" sein, das die Polskas hüpfen und wirbeln läßt, und Jarkko Peltolas Choreographie führt die Schritte der Tänzer weit in die Zukunft.
Thema des Jahres ist der finnische "Polska"-Tanz, weitere Themen sind unter anderem die finnlandschwedische sowie die dänische Volksmusik. Es treten fast 3.000 Interpreten allein aus Finnland auf, von Meister-Volksmusikanten bis zu World Music-Bands, von Meistern des Tanzes bis zu Liedermachern. Im Angebot aus dem Ausland stehen virtuose und exotische Aufführungen aus Ländern von Puerto Rico bis Taiwan oder von Schottland bis Tansania, mit allen Gewürzen! Im Konzertsaal des Zentrums für Volkskunst, in den Ausstellungsräumen, Restaurants, Aulen, in Freilicht-Amphitheatern und auf Monumentaltreppen gibt es jede Menge Interessantes und Neues. In Kaustinen beginnt das kommende Jahrtausend schon jetzt.

Information:
Kaustinen Folk Music Festival
PL 24, FIN-69601 Kaustinen
Tel. +358-6-8611252, Fax +358-6-8611977
eMail:folk.fest@kaustinen.inet.fi


Das neue Volkskunstzentrum

Das von allen Finnen lange erwartete Volkskunstzentrum schreitet seiner Vollendung entgegen. Am 1.7.97, rechtzeitig vor Festivalbeginn, öffnet das Zentrum seine Pforten für die Besucher und heißt sie willkommen: mit Konzerten in einem erstklassigen Saal, der in den Felsen hineingehauen ist, mit Multivisionsvorführungen im Instrumentenmuseum, mit einer Ausstellung von Werken des mittelösterbottnischen Malers Veikko Vionoja, mit einem gemütlichen Café und einem wohlsortierten Shop. Das Volkskunstzentrum bietet dem Festivalbesucher, zusätzlich zum Festivalangebot, einen neuen Rahmen für beeindruckende Konzerterlebnisse, sowohl innerhalb wie außerhalb des Hauses.

Eröffnungsausstellung: Veikko Vionoja als Schilderer volkstümlicher Kunst
"Veikko Vionojas Kunst berührt etwas sehr Wesentliches und erreicht so auch Menschen, die der Kunst eher fernstehen. Seine Kunst spricht von Erfahrungen, die allen zugänglich ist."
Die sorgfältig zusammengestellte Auswahl aus dem Werk des geschätzten Kenners und Schilderers der finnischen Volkskunst ist vom 1.7. - 30.8. täglich zu besichtigen. Dieselbe Eintrittskarte gilt auch für die Multivisionsvorführung und für einen Rundgang durch das Volkskunstzentrum.

Das Zentrum erfaßt folgende Einrichtungen:
Ala-Könni-Musikschule - Kurse in Volksmusik, Volkstanz und andere Volkskünste
Volksmusikinstitut - Forschung, Information, Publikation von Platten, Noten, Büchern, Videos
Kaustinen Folk Music Festival - das größte Volksmusikfestival des Nordens
Finnisches Volksmusikinstrumentenmuseum - mit der großen Instrumentensammlung von Prof. Ala-Könni
Tallari - professionelles Volksmusikensemble und Wegweiser der musikalischen Traditionspflege
Soiva kivi - "Der tönende Stein": ein hypermodernes Tonstudio mit komplettem Service von der Aufnahme bis zum fertigen Tonträger

Volkskunstzentrum
Postfach 11, FIN-69601 Kaustinen
Tel.: +358-6-8604111, Fax: +358-6-8604222
eMail:folk.art@kaustinen.inet.fi


Das Musikgymnasium Kaustinen

Das Musikgymnasium Kaustinen ist ein spezielles Gymnasium für musikbegeisterte Schüler. Wurzeln des vor 20 Jahren gegründeten Gymnasiums liegen im Volksmusikinstitut und im jährlichen Festival Kaustinens.
Es gibt heute neun Musikgymnasien in Finnland. Das Musikgymnasium in Kaustinen ist das einzige auf dem Lande, andere liegen in größeren Städten. Das Musikgymnasium bekommt seine Schüler aus ganz Finnland. In drei Schuljahr erreicht man das Abitur. Derzeit besuchen 150 Schülerinnen und Schüler das Musikgymnasium, das von Taina Lehtonen geleitet wird.
Die Fächer Finnisch, Englisch, Schwedisch, Mathematik, Geschichte und Gesellschaftslehre, Religion, Musikgeschichte, Musiktheorie und Tonlehre, Orchester oder Chor, irgendein Instrument oder Gesang, Gymnastik und Sport, Gesundheitslehre und Führung zum Studium sind obligatorisch im Musikgymnasium. Außerdem gibt es wählbare Kurse wie Deutsch, Französisch, Russisch, Physik, Chemie, Geographie, Biologie, Psychologie und Landeskunde, das zweite Instrument oder Gesang. Wöchentlich werden bis zu 15 Stunden Musik unterrichtet.
Das Musikgymnasium Kaustinen und die Städtische Musikschule Meerbusch haben eine Partnerschaft seit über 10 Jahren. Die verschiedenen Gruppen von beiden Schulen besuchen einander. Die DFG hat oft bei allen diesen Reisen- und Konzertvorbereitungen geholfen.

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Zwischen Schären und Wildmark
Kokkola - Karleby

Die im mittleren Österbotten am Bottnischen Meerbusen liegende Stadt Kokkola wurde 1620 von König Gustav II. Adolf gegründet und entwickelte sich im 18. und 19. Jahrhundert zu einer bedeutenden Seestadt mit den Schwerpunkten Handel, Teerexport und Schiffsbau. Der Bau der Eisenbahnlinie Seinäjoki-Oulu wirkte sich positiv auf die industrielle Entwicklung der Stadt aus. Neben Schwerindustrie hat Kokkola eine bedeutende Textil- und Bekleidungsindustrie. Die Stadt hat heute etwa 35.000 Einwohner.
In der Altstadt finden sich noch gut erhaltene Holzbauten des 18. und 19. Jahrhunderts. Das Rathaus wurde in klassizistischem Stil nach Plänen von Carl Ludwig Engel von 1841-45 gebaut.
Kaarlela, 1977 eingemeindet, ist bekannt als Wirkungsstätte von Anders Chydenius (1729-1803), einem liberalen Politiker, Nationalökonom. Der sozialpolitisch engagierte Pfarrer lebte 33 Jahre bis zu seinem Tode im Pfarrhof neben der spätmittelalterlichen Feldsteinkirche (Ende 15. Jhdt.); er war entscheidend am Aufschwung Kokkolas beteiligt. Anders Chydenius findet sich als Büste (Walter Runeberg, 1903) im Chydenius-Park oder als Abbild auf dem 1.000-FIM-Schein.
Neben historischen Stätten bietet Kokkola viele Freizeitmöglichkeiten für die Besucher. Badenixen trifft man sommers am feinsandigen Badestrand Laajalahti. Wer modernes Badevergnügen sucht, findet dies im Freizeitzentrum Kokkola (u.a. Whirlpool, Wasserrutsche, Sauna, Fitneßräume, Squash, Bowling).
Im Hinterland von Kokkola gibt es noch große Wildnis- und Sumpfgebiet. Die sanften Stromschnellen des Flusses Lestijoki laden zum Kanufahren ein. Oder man begibt sich zum Nationalpark Salamaperä auf den Pfad der Waldrentiere und erlebt einen Hauch von Lappland in der Mitte Finnlands.
Kokkola bietet sich auch an als Ausgangspunkt für große Touren. Die Polarroute-Tour zum Beispiel führt in 12 Tagen über Rovaniemi zum norwegischen Tromsø und über die schwedische Hafenstadt Skellefteå und der nördlichsten internationalen Schiffsverbindung zurück nach Kokkola.

Information:
Kokkolan Matkailu Oy
Mannerheiminaukio, FIN-67100 Kokkola
Tel. +358-6-8311902, Fax +358-6-8310306

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Bauernromantik
Lapua

Für den Baukunstinteressierten ist die Innenstadt von Lapua ein dankbares Ziel. Der Reisende erlebt die klassische Architektur z.B. des Empirestils im Dom (mit der größten Orgel Finnlands), in bottnischen Bauernhäusern aus dem 18. Jahrhundert und im Stadthaus (Rathaus). Ein Bummel durch die Stadt lohnt sich. Interessant die alte Patronenfabrik, oder man schaut bei Jussi Somppi, dem Glockengießer, vorbei.
Die für Lapua typische Alajoki-Ebene lädt an Sonnentagen zum Fahrradfahren ein. Im Sommer kommt man zum Kanufahren auf dem Lapuanjoki, den man bis zum Meer paddeln kann, oder man trifft sich zur Feldandacht am Unterlauf des Lapuaflusses. Am Alajoki treffen sich Himmel und Erde, die Landschaft mit den Heuschobern ist einmalig.
Das beliebteste Skizentrum in Westfinnland befindet sich auf dem nahegelegene 132 m hohe Simpsiöberg, früher einmal ein Insel im Meer. Der Quarzitstein hat Jahrtausende überdauert. Sagen erzählen, daß unter dem Berg eine Goldader fließen soll. Abfahrtsläufer finden hier fünf Abfahrten (90 m auf 600 m Länge), für Langläufer gibt es Loipen nach internationalem Standard. Direkt am Hang ein niveauvolles Hüttendorf.

Information:
Lapuan Yrityskeskus
Poutuntie 7, FIN-62100 Lapua
Tel. +358-6-4384052, Fax +358-6-4384051

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Mittsommer
von Pirkko Sallinen-Gimpl

Das große Fest der Sommermitte hat seine Bedeutung erhalten oder sogar gesteigert. Vor den Kriegen war Mittsommer ein beliebter Hochzeitstag und Freudentag der Jugend. Das Feiern des Johannisfestes ist durch die kommerzielle Wirkung des Nachkriegszeit gewissermaßen reicher und vielfältiger geworden.
In unserer Recherchensammlung stößt man als karelische Besonderheit des Juhannus auf das Juhannuskokko. Das Abbrennen des Mittsommerfeuers war früher eine besondere ostfinnische und nicht nur karelische Tradition. Einige der Befragten haben in den Österbottnischen Gebieten die einheimischen Osterfeuer als Gegenstück zu den karelischen Juhannuskokkos dargestellt. Die Tradition der Karelier, Mittsommerfeuer abzubrennen, sorgte für Aufsehen in den schwedischsprachigen Inselgemeinden. Andererseits gibt es für die Karelier im schwedischsprachigen Küstengebiet eine für sie unbekannte Sitte: Das Aufstellen der Mittsommerbäume. Aussiedlerkarelier haben die Mittsommerbirken vor die Stufen der Häuser geholt; jedoch nicht alle Grenzkarelier haben sich von Anfang an an diese Sitte nicht gewöhnt oder sind ihr nicht gefolgt. Eine besondere Sitte wurde in Temmes beobachtet, die an Vieh an katholischen Viehfesten erinnert: Im Mittsommer hängten die Aussiedlerkarelier Kränze um die Hälse der Kühe. Diese waren aus Ästen und Blumen gefertigt. Diese Tradition ist bei Aussiedlerkareliern nicht weit verbreitet, aber ein alte Sitte ist es trotzdem gewesen. Man hat auch beobachtet, daß einige Aussiedlerkarelier Zauberstücke gemacht haben. In der Quellensammlung wird erwähnt, daß Mittsommer heutzutage überall gleich ist und sich die Karelier nicht mehr von anderen unterscheiden. Im Orthodoxen ist der Feiertag aber nicht beweglich. Aus unserem Quellenregister ergeben sich die Erkenntnisse über Gegensätze verschiedener Gebiete - in Bezug auf Mittsommerfeuer, -bäume und -birken - und stehen im Zusammenhang mit den Erkenntnissen über die Verbreitung der Sitten.
Über den Mittsommer der Karelier wurde einen Artikel geschrieben, der sich auf alte Erinnerungen gründet. Anhand dieses Artikels und des von uns gegebenen schmalen Bildes über die Veränderungen der Mittsommerfeste können wir feststellen, daß der äußere Rahmen und die Ausschmückung das größte Interesse gefunden haben.
Zu den karelischen Sitten wurden Programmpunkte und -inhalte des Vorabends nicht gezählt, die jedoch in Karelischer Zeit sehr üblich waren, z.B. Saunabesuch und Gesang, Musizieren, Tanzen, Spiele und Wettkämpfe, die zum Programm des Mittsommerabends gehörten.
Interessantes Merkmal wiederum ist, daß es über den Stellenwert des Mittsommers keine Meinungsverschiedenheiten gibt. Der Stellenwert des Festes als Höhepunkt des Sommers ist nach unseren Erkenntnissen nicht geringer, sondern ist mit Ostern und Weihnachten als den wichtigsten Jahresfesten gleichrangig.

Anmerkungen:
Aussiedlerkarelier = im Krieg auf finnisches Gebiet übersiedelte Karelier aus den Karelischen Gebieten jenseits der heutigen Grenze.
Grenzkarelier = Anwohner des Raja-Karjala (Grenz-Karelien), Gebiete beiderseits der heutigen Grenze. Dazu gehören: Impilahti, Suistamo, Saanlahti, Korpiselkä, Ilomantsi, Suojärvi und Salmi.

Übersetzung von Raija Albert aus dem Buch "Lebendiges Karelientum" (Elävä karjalaisuus) von Pirkko Sallinen-Gimpl.

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Buchbesprechung
Finnische Literaturgeschichte
von Uwe Lorenz

Erstmals seit Kai Laitinens Buch "Finnlands moderne Literatur" von 1969 gibt es wieder eine Geschichte der finnischen Literatur auf deutsch. Sie wurde von Pertti Lassila, einem Dozenten für finnische Literatur an der Universität Helsinki, verfaßt. Im Gegensatz zu Laitinen, der sich im wesentlichen nur auf die ersten 50 Jahre der Literatur des selbständigen Finnlands bezieht, will Lassila ein Gesamtbild von der Entwicklung der finnischen Literatur geben. Dies ist ihm, wie mir scheint, auch fachkundig gelungen.
Lassilas Darstellung beginnt mit dem ersten Kreuzzug des schwedischen Königs Erik nach Finnland und endet bei Autoren wie Jyrki Kiiskinen und Jouni Inkala, die in den achtziger und neunziger Jahren des 20. Jahrhunderts erste Lyrikbände publizierten. Der Autor versucht die Geschichte der finnischen Literatur aus dem Kontext der politischen, sozialen und ideengeschichtlichen Entwicklung des Landes zu erklären. Dies trägt meines Erachtens zu einem besseren Verständnis der Eigenheiten der finnischen Literatur bei als der alleinige Vergleich mit den literarischen Strömungen in Europa. Durch dieses Vorgehen kann Lassila die besondere Rolle aufzeigen, die der finnischen Literatur für die nationale Geschichte zukam, aber auch die Konsequenzen für die literarischen Entwicklung durch die endgültige Etablierung des Nationalstaates in einem weitgehend geeinten Europa darlegen.
Das Buch ist flüssig geschrieben und wegen der Berücksichtigung der allgemeinen geschichtlichen Entwicklung teilweise richtig spannend zu lesen. Dazu tragen neben vielen Informationen zu Leben, Werk und Wirkungsgeschichte der Autoren auch viele eher randständige Blitzlichter über das politische Wirken einzelner Schriftsteller bei. So erfährt man, daß V.A. Koskenniemi nicht nur der Lieblingspoet einer bürgerlichen Leserschaft war, sondern auch als Vizepräsident des von Göbbels initiierten Europäischen Schriftstellerverbandes fungierte, oder daß Mika Waltari, der bei uns ja besonders durch seine Historienbücher bekannt wurde, Übersetzer des Nazi-Propagandabuches "Horst Wessel" war. Auch daß Kekkonens Vermächtnis an die Nation, Vuosisatani - Mein Jahrhundert, aus Paavo Haavikkos Feder stammt, war mir neu. Ebenfalls interessant, daß die besonders in der DDR übersetzten Prosaisten Marja-Leena Mikkola und Aulikki Oksanen sich durch eine vorbehaltlose Zustimmung zur Vorgehensweise der DDR-Regierung bei der Biermannausbürgerung profilierten. Die Reihe solcher "Histörchen" und Zusammenhänge ließe sich fortführen. Der Schreibstil ist mit Ironie und selbstkritischer Distanz gewürzt. Der Leser unterhält sich bei der Lektüre; das Intersse an der im ganzen ernsthaften und meiner Meinung nach gründlichen Darstellung bleibt so dauerhaft erhalten.
Wünschenswert wäre es meines Erachtens nach gewesen, wenn die deutschen Übersetzungen der erwähnten Werke durchgängig angeführt worden wären. Dies ließe den deutschen Leser die literarische Entwicklung Finnlands auch durch eigene Lektüre nachvollziehen. Insgesamt halte ich das Buch für eine empfehlenswerte Gesamtdarstellung für alle an Literatur interessierten Finnlandliebhaber. Nicht so geeignet erscheint es mir zum Nachschlagen von Informationen zu bestimmten Werken enzelner Autoren.

Pertti Lassila: Geschichte der finnischen Literatur. Aus dem Finnischen von Stefan Moster. Mit einer Auswahlbibliographie, einem Namenregister und 42 Abb.. Tübingen, Basel: Francke Verlag, 1996, 251 S. ISBN 3-7720-2168-9, 39,80 DM


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