Landesnachrichten
Zeitschrift der Deutsch-Finnischen Gesellschaft Nordrhein-Westfalen e.V.
Nr. 97 - Februar 2000
- Die Åland Inseln
- Expo2000
- Politik · Wirtschaft · Gesellschaft
- Musik · Film · Rezensionen
- Tourismus · Sport
- Meinung
Die Åland Inseln
Archipel zwischen Schweden und Finnland
Die Schären - entstanden aus dem Meer
Ålands Selbstverwaltung
Åland - demilitarisiert und neutralisiert
Der Krimkrieg und die Beschießung von Åland
Åland - ein reiches Kulturleben
Wirtschaft und Gewerbe in Åland
Fähren und Flugverbindungen nach Åland
Mariehamn
Viermastbark Pommern
Galeasse "Albanus" - Traditionssegeln in Ålands Gewässern
Angelparadies Åland
Leckerer Urlaub - Spezialitäten der Schären
Expo2000
Finnischer Birkenhain putzt sich heraus
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Finnland hat gewählt
Tarja Halonen gewann finnische Präsidentschaftswahl
"Rote Tarja" lag knapp vor "Handy-Pappa"
Die Sozialdemokratin Tarja Halonen gewann am 6. Februar die Präsidentschaftswahl in Finnland und wird das erste weibliche Staatsoberhaupt ihres Landes. Die 56-Jährige erhielt bei der Stichwahl gegen Oppositionschef Esko Aho (Zentrum) 51,6 Prozent der Stimmen. Auf den 45-Jährigen Aho entfielen 48,4 Prozent. Den Ausschlag gaben nur 103.000 Stimmen unter den 4,2 Millionen wahlberechtigten Finnen.
Halonen, die seit 1995 finnische Außenministerin ist, löst am 1. März den bisherigen Amtsinhaber Martti Ahtisaari (62) ab. Ahtisaari, der als Mittler im Kosovo-Konflikt breite internationale Anerkennung erhielt,
verzichtete von sich aus auf die Kandidatur für eine zweite sechsjährige Amtszeit.
Die Sozialdemokratin hatte bereits die erste Runde der Präsidentschaftswahl am 16. Januar gewonnen. Sie lag mit 40 Prozent vor dem liberalen Ex-Ministerpräsidenten und Oppositionschef Esko Aho mit 34,4 Prozent sowie der konservativen Parlamentspräsidentin Riita Uosukainen (12,8 %)(Kokoomus), der Ex-Verteidigungsministerin Elisabeth Rehn (7,9 %) (Schwedische Volkspartei), der EU-Abgeordneten Heidi Hautala von den Grünen (3,3 %) und den unabhängigen Kandidaten Ilkka Hakalehto (1,0 %) und Risto Kuisma (0,6 %).
Halolens zunächst klarer Vorsprung in Umfragen war kurz vor der Stichwahl auf wenige Prozentpunkte zusammengeschmolzen. Auch während der Stimmenauszählung am Wahlsonntag lagen beide Kandidaten die
meiste Zeit über eng beieinander.
Die Beteiligung an der zweiten Direktwahl eines finnischen Staatsoberhauptes lag mit 76,9 Prozent unter der 1994 mit 78,4 Prozent. Sie war aber trotz geringer politischer Kompetenzen für das Präsidentenamt
deutlich höher als bei den Reichstagswahlen 1999 mit 68,3 Prozent.
Die rothaarige und aus der Staatskirche ausgetretene Außenministerin Halonen (56), trat als allein erziehende Mutter, ehemalige Vorsitzende der Gesellschaft gegen die Diskriminierung Homosexueller und Partnerin eines Mannes, mit dem sie nicht zusammenwohnt, gegen geballten Traditionalismus an. Aho präsentierte sich als überzeugter Ehemann und Familienvater mit vier Kindern, der seine wichtigsten Wurzeln im Christentum sieht. Nachdem Ahos Ehefrau ihren Mann als vorbildlichen "Handy-Pappa" gelobt hatte, der
trotz ständiger Reisen für seine Kinder stets auf dem Mobiltelefon zu erreichen sei, hatte dieser seinen Namen weg.
Halonen ebenso wie Aho hatten den Wahlkampf weitgehend ohne politische Kontroversen geführt.
Politisch kontroverse Themen wie zum Beispiel den von Politikern gewünschten, in der Bevölkerung aber höchst unpopulären NATO-Beitritt Finnlands wurden sorgsam gemieden. Die wegen ihrer roten Haare oft als "Rote Tarja" Halonen machte munter in allerlei Unterhaltungsprogrammen des Fernsehens mit und bekannte sich auf lockere Art zu ihrer "modernen" Lebensphilosophie.
Die Umfragen, nach denen die 56-jährige Halonen hauchdünn mit 51:49 Prozent vor ihrem elf Jahre jüngeren Konkurrenten Aho liegen sollte, bestätigten sich am 6. Februar.
Der Wahlsieg Tarja Halonens ist insofern bemerkenswert, daß sie nun mehr als doppelt so viele Stimmen holte wie ihre sozialdemokratische Partei bei den letzten Parlamentswahlen.
Halonen verdankt ihren Sieg vor allem den Städtern. Und - über alle Parteigrenzen hinweg hätten neben Frauen und vor allem Jungwähler für die Siegerin gestimmt, hieß es in Analysen.
Zu den Nutznießern des Halonen-Sieges kann sich Ministerpräsident
und Parteifreund Paavo Lipponen rechnen. Ihm hätte aber auch Oppositionschef Aho als Sieger kaum Schwierigkeiten beim Regieren machen
können, denn die bisher beachtlichen Kompetenzen von Finnlands Staatsoberhaupt werden ab 1. März nach einer vom Reichstag in Helsinki beschlossenen Verfassungsänderung erheblich beschnitten. Davon betroffen
ist die Mitwirkung an der Außenpolitik und bei der Regierungsbildung. Das Staatsoberhaupt hat also fast nur noch repräsentative Funktionen.
Neuer finnischer Außenminister und damit Nachfolger von Tarja Halonen wird der bisherige Industrie- und Handelsminister Erkki Tuomioja, Politologe, Ex-Fernsehreporter und Hochschullehrer. In der Folge übernimmt das Handels- und Industrieressort die bisherige Arbeitsministerin Sinikka Mönkäre (52), die ihrerseits von der Reichstagsabgeordneten Virpa Puisto (54) ersetzt wird. Beide Ministerinnen gehören ebenfalls der sozialdemokratischen Partei an.
Ministerpräsident Paavo Lipponens "Regenbogen-Koalition" gehören außer den Sozialdemokraten die Konservativen, die Grünen, die Linkspartei und die Schwedische Volkspartei an.
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Alte Binsenwahrheiten gelten auch für Silicon Suomi
Von Hannu Leinonen *
* Der Autor Hannu Leinonen ist Chefredakteur von "Kauppalehti".
Aus einer Veröffentlichung der Finnische Botschaft in Berlin auf ihrer Internetseite: http://www.finlandemb.de
Hier finden sich neben einer Reihe weiterer interessanter Informationen
regelmäßig Artikel zum Zeitgeschehen.
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Wenn irgendein ausländischer Geschäftsmann vor einem Jahrzehnt nach Finnland kam, erwarteten seine Geschäftsfreunde von ihm keine größeren Kenntnisse des Landes - zwei, drei Basisfakten genügten. Er hatte den Namen eines Marschalls namens Mannerheim zu kennen, zu wissen, um was es im Winterkrieg ging, und zu begreifen, dass das nordische Land von seinem Wald - Holz und Papier - lebte.
Wer heute das Land in Sachen Geschäft aufsucht, dem sollten möglichst auch ein paar andere Fakten geläufig sein. Jorma Ollila muss man mindestens vom Namen her kennen. Dass ein Volk sechs Prozent des
Nationaleinkommens in die Telekommunikation steckt, darf einen nicht aus der Fassung bringen. Und man hat zu begreifen, dass man als Ausländer keine seltene Spezies mehr ist, egal welche Branche man auch vertritt.
Finnland hat sich in der zweiten Hälfte der 90-er Jahre zu einem sehr attraktiven Land für ausländische Investoren gemausert, die auf die neue Kommunikationstechnik setzen, speziell die drahtlose. Die Zahl der
aus dem Ausland eingehenden Anfragen und Sondierungen hat ein Ausmaß erreicht, das sich vor einem Jahrzehnt niemand hätte vorstellen können. Das schmeichelt natürlich dem an den Ruf eines Waldmenschen
gewohnten Finnen, ob er nun selbst mit moderner Technik zu tun hat oder nicht.
Bezeichnende Beispiele für die Veränderung waren die im zurückliegenden Herbst erfolgten Ankündigungen von Hewlett-Packard und ICL, in Finnland bemerkenswerte neue Investitionen zu tätigen.
Der letzte Newcomer ist das amerikanische Software-Haus Lotus, das in Helsinki eine Niederlassung eröffnen will, welche die Verantwortung für die Entwicklung des drahtlosen Geschäfts des Unternehmens
übernimmt. Einen Teil des Personals bringt Lotus aus den USA mit, ein Teil soll vor Ort rekrutiert werden.
Natürlich handelt es sich bei diesen Gründungen nicht um Riesenbetriebe. Aber über die hiesige technologische Kompetenz sagen sie schon etwas aus.
Telekommunikation belebte Wirtschaft
Den bemerkenswerten wirtschaftlichen Erfolg, den Finnland in den letzten Jahren verzeichnen konnte, hatte es fast ausschließlich der Telekommunikationsindustrie zu verdanken. Ohne Nokia und die
Zuliefererindustrie, die sich im Umkreis des Unternehmens herausgebildet hat, hätte die finnische Wirtschaft deutlich schwächere Wachstumszahlen geschrieben. Der Absatz der sog. Traditionellen Industrien Finnlands,
Holz und Metall, haben sich im vergangenen Jahr stockender entwickelt als vorhergesagt. Sogar das Wort von einer Minirezession machte die Runde, aber diese scheint jetzt überwunden zu sein.
Auch die traditionellen Industriezweige bereiten sich jetzt auf erheblich bessere Zeiten vor. Allerdings haben sie sich 1999 mit einem so verhaltenen Wachstum begnügen müssen, dass das ursprünglich prognostizierte vierprozentige BIP-Plus wohl kaum erreicht wird, trotz der dynamischen Entwicklung des Binnenmarkts.
Dass es mit der Konjunktur wieder bergauf geht, war auch das Fazit einer Umfrage im Kreise der finnischen Industrie. Allerdings verläuft die Entwicklung noch uneinheitlich. Die Hersteller von schweren Investitionsgütern hat die Wachstumswelle noch nicht erreicht. Die Pessimisten meinen, dass man sich noch ein weiteres Jahr gedulden müsse, bis die Investitionstätigkeit weltweit richtig in Fahrt kommt. Auf der
anderen Seite haben etliche Grundindustriezweige von den gestiegenen Rohstoffpreisen profitiert.
Gründe für die deutliche Verbesserung der Konjunkturerwartungen sind die im Keim stehende Belebung der Märkte Asiens und die verbesserten Aussichten auf den europäischen Hauptmärkten. Die
Aufwärtsentwicklung in beiden Regionen ist bereits in den Exportstatistiken des finnischen Zolls sichtbar.
Finnland hat weiteres Wachstum vor sich
In den letzten Wochen haben fast alle Wirtschaftsforschungsinstitute des Landes ihre Prognosen für das laufende und das nächste Jahr nach oben korrigiert. Die Trendwende war so massiv, dass es einem zeitweilig
so vorkam, als würden die Wirtschaftsforscher ihre Prognosen um die Wette aufbessern. Allen Prognostikern gemein war die Sicht, dass die Wende nach dem August eingetreten ist. Auch führten alle den gleichen Grund
für die veränderte Stimmungslage an, nämlich die Verbesserung der europäischen Konjunkturerwartungen.
Zugleich wird damit gerechnet, dass die Inlandsnachfrage weiterhin kräftig zunimmt, mit einem Jahrestempo von etwa vier Prozent. Viele Branchen hegen noch höher gesteckte Erwartungen. Bezeichnend
der Handel: Dieser jammerte, sein Umsatz habe in 1999 Jahr nur zögernd zugelegt, und das, obwohl sich das Absatzvolumen um nahezu fünf Prozent erhöht hat.
Es wird damit gerechnet, dass die Wachstumsrate der finnischen Volkswirtschaft in diesem Jahr wieder auf 4 bis 5 Prozent ansteigt; vorübergehend sind noch höhere Raten möglich, falls die bevorstehenden Lohn- und Gehaltserhöhungen den Verbrauch stimulieren. Die größten Auswirkungen dürfte der wachsende Verbrauch auf dem Immobilienmarkt zeitigen: Wenn die Verbraucher das Gefühl haben, es gehe ihnen finanziell gut, dann ziehen die Wohnungspreise an.
Maßhalten bei den Löhnen
Finnland hat also ein weiteres Jahr kräftigen Wachstums vor sich, schon das siebte in der Folge. Größere Probleme sind nicht in Sicht, die Nachfrage floriert, die Wettbewerbsfähigkeit ist gut und die
Auftragsbestände nehmen zu. Nicht einmal ernstere Produktionsengpässe trüben das Bild. Wenn auch noch das Wachstum in den USA anhält und die Märkte nicht einbrechen - was mehr könnte man hoffen? Vielleicht eines. Und das liegt ganz in den eigenen Händen der Finnen. Nämlich Weitsicht beim Handeln, insbesondere
bei den laufenden Tarifverhandlungen.
Nach so vielen Jahren kräftigen Wachstums ist es offenbar schwer, die Tatsache im Auge zu behalten, dass die tiefe Rezession der früheren neunziger Jahre dem Land ein schweres Erbe hinterlassen hat, nämlich
eine schlimme strukturelle Arbeitslosigkeit. Das äußerst sich heute in einem Nebeneinander von Arbeitskräftemangel und hoher Arbeitslosigkeit. Ein hoher Sockel an Langzeitarbeitslosen, für die
Beschäftigung nicht einmal in Aussicht steht, ist für das Gemeinwesen eine schwere finanzielle Belastung.
Arbeitskräftemangel wiederum führt leicht dazu, dass der Preis der Arbeit schneller steigt als die Produktivität. Und plötzlich ist man dann wieder in einer Lage, in der man kaum noch Manövrierraum hat.
Und das kann sich auch Silicon Suomi nicht leisten. Die alten wirtschaftlichen Binsenwahrheiten gelten auch für das moderne Finnland.
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Biotechnologie-Industrie im Aufwind
Fast 10 Prozent der Biotechnologie-Unternehmen Europas kommen aus Finnland
Die Biotechnologie ist heute eine der vielversprechendsten High-Tech-Branchen Finnlands, der man nachdem gegenwärtig rasant expandierenden IT-Sektor das zweitstärkste Wachstum prophezeit.
In Finnland gibt es gegenwärtig über 90 Biotechnologie-Unternehmen, die 3.200 Mitarbeiter beschäftigen und zusammen auf einen Umsatz von 3,2 Mrd. FIM (0,54 Mrd. Euro) im Jahr kommen. Rechnet man die großen Pharmafirmen mit, kommt man auf einen Umsatz von 7,4 Mrd. FIM (1,24 Mrd. Euro) und eine Beschäftigtenzahl von 5.600.
Der Industriezweig zeigt in Finnland heute auch kräftiges Wachstum, sind doch in den letzten drei Jahren in diesem Bereich Dutzende expansiver High-Tech-Firmen entstanden, und fast jeden Monat kommen weitere hinzu. Charakteristisch für die Wachstumskurve der Branche ist, dass über 60 Prozent der Biotechnologie-Unternehmen des Landes in den neunziger Jahren gegründet worden sind. Auch im europäischen Vergleich steht Finnland da an vorderster Front, stellt es doch fast zehn Prozent der Biotechnologie-Unternehmen unseres Kontinents.
Produktentwicklung gemeinsam von Unternehmen und Hochschulen
Etwa die Hälfte der finnischen Bioindustrie konzentriert sich auf Bereiche wie Pharmaprodukte, Diagnostik und Biomaterial sowie auf einschlägige Forschung und Dienstleistungen, drei Betriebe sind auf die
Enzymproduktion und der Rest ist auf die Nutzung der Biotechnologie in der Verfahrensindustrie, etwa bei der Herstellung von Nahrungsmitteln und Chemikalien spezialisiert.
Die biotechnologische Erzeugnisse herstellenden Betriebe sind in der Regel auf internationalen Märkten aktiv und setzen bis zu 90 Prozent ihrer Produktion im Ausland ab.
In der finnischen Bioindustrie wurde wie in vielen anderen Hochtechnologiebereichen das Entstehen von Innovationen durch Vernetzung und enge Zusammenarbeit von Unternehmen, Universitäten und Hochschulen sowie Forschungsinstituten erheblich gefördert. Als Ergebnis solcher Kooperation konnten inzwischen rund 200 Erfindungen zum Patent angemeldet werden. Im Verbund mit Hochschulen haben sich in Finnland vier Biotechnologie-Kraftzentren herausgebildet: BioCity in Turku, Teknia in Kuopio, Medipolis in Oulu sowie in der Hauptstadtregion der Wissenschaftspark Helsinki in Viikki und die Technologiekonzentration Otaniemi in Espoo. Auch im Raum Tampere entwickelt sich zur Zeit eine derartige Konzentration. An den finnischen Universitäten wirken gegenwärtig 180 einschlägige Forscherteams und 19 Forscherausbildungsabteilungen.
Die Grundlagen der Bioindustrie Finnlands wurden in den achtziger Jahren teils unter Einsatz Öffentlicher Mittel geschaffen. Das Zentrum für Technologische Entwicklung (TEKES), die Akademie Finnlands und die
Finnische Nationalstiftung für Forschung und Entwicklung (Sitra) stellten damals hohe Summen für den Ausbau dieses Bereichs bereit, und diese Unterstützung wurde auch in den neunziger Jahren konsequent
fortgesetzt. So hat allein TEKES in den letzten vier Jahren über 300 Mio. FIM (50,5 Mio. Euro) in die Biotechnologie gesteckt.
Internationale beachtenswerte Innovationen auf vielen Gebieten
Einer der stärksten Bereiche der industriellen Biotechnologie Finnlands ist die Enzymtechnologie, in der das Land eine Forschungstradition von auch international hohem Niveau vorzuweisen hat. Enzyme werden u.a. in der Waschmittel-, Nahrungsmittel-, Futtermittel- und Textilindustrie in breitem Maße eingesetzt, aber auch die Sparten Holzverarbeitung und Chemie investieren da kräftig in die Forschung und Entwicklung und
dürften bald zu wichtigen Anwendern dieser Technologie werden.
In der Biomedizin liegt die Stärke der finnischen Unternehmen vor allem im Know-how zur Entwicklung von Therapien und Medikamenten gegen Krebs, Aids und Erbkrankheiten. Auch in der Entwicklung und Herstellung von Medikamenten zur Behandlung der Alzheimerschen Krankheit, der Osteoporose sowie von
Zentralnervensystem- und Gefäßerkrankungen liegt Finnland weit vorn. Der zusammengerechnete Börsenwert der Biomedizin-Unternehmen Finnlands beläuft sich heute auf rund 500 Mio. FIM (84 Mio. Euro). Man schätzt, dass innerhalb von zehn Jahren in den Produktentwicklungs-, Dienstleistungsund Technologieunternehmen der Pharmaindustrie mindestens 3.000 neue Arbeitsplätze geschaffen werden.
Auch in der Entwicklung von Biomaterialien konnten finnische Unternehmen mit weltweit bedeutsamen Innovationen aufwarten. Das von finnischen Wissenschaftlern entwickelte bioaktive Glas wird in der Zahnmedizin u.a. zur Regenerierung von Knochensubstanz eingesetzt. Desgleichen hat Finnland wichtige Forschungs- und Entwicklungsbeiträge auf den Gebieten der elektrisch leitenden Kunststoffe (Leiterpolymere) und der in der Natur abbaubaren Biopolymere geleistet.
Die Diagnostikindustrie hat sich in Finnland innerhalb der letzten 25 Jahre zu einem wirtschaftlich bedeutsamen, auf High-Tech basierenden Gesundheitstechnik-Cluster mit schon fast 30 Unternehmen entwickelt, die ihre Produkte zu über 90 Prozent exportieren, hauptsächlich in europäische Länder. Eine typische Bioanwendung in solchen Diagnostikunternehmen ist die Herstellung von Antikörpern und
Antigenen auf der Basis von DNA-Technik. Spitzenbereiche finnischen Diagnostikkönnens sind die immunologischen Reagenzien und Geräte. Die Unternehmen der Branche rechnen für ihren Sektor in naher
Zukunft mit einem Wachstum von über 15 Prozent im Jahr.
aus: Finnfacts 5/1999
Finnischer Industrie- und Arbeitgeberverband
Eteläranta 10, FIN-00130 Helsinki
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Implantate mit Verfallsdatum
Bionx Implants ist Marktführer
Die auf Biomaterialien spezialisierte finnische Firma Bionx Implants ist ein Musterbeispiel für ein um Innovationen herum entstandenes Biotechnologie-Unternehmen. Gegründet wurde die Firma 1984 auf
Initiative von Akademieprofessor Pertti Törmälä zu dem Zweck, eine von seinem Forschungsteam an der TH Tampere entwickelte Technologie kommerziell zu nutzen. Heute ist Bionx Implants das nach Umsatz am
schnellsten wachsende finnische Unternehmen, das auf seinem Spezialgebiet einen Weltmarktanteil von rund 80 Prozent hält.
Das Unternehmen entwickelt und fertigt biologisch abbaubare Implantate, Schrauben, Platten, kleine Stifte, die im Laufe der Zeit vom Körper resorbiert werden. Früher bestanden diese chirurgischen Hilfsmittel
hauptsächlich aus Metall und mussten nach erfolgter Heilung entfernt werden.
Die Erzeugnisse von Bionx Implants gründen auf einer ursprünglich von Professor Pertti Törmälä entwickelten Innovation. Die sich selbst auflösenden Implantate werden aus Milchsäurepolymeren hergestellt, die in ihrer Festigkeit Stahl gleichen, die gut gewebeverträglich sind und selten Probleme verursachen. Ein
resorbierbares Implantat beginnt, sich innerhalb einiger Monate aufzulösen, und entsorgt sich nach einigen Jahren von selbst.
Trotz kräftiger Internationalisierung blieb die Fertigung in Finnland, wo das Unternehmen im Technologiezentrum Hermia, Tampere, einen Produktionsbetrieb mit 60 Beschäftigten unterhält. In der
Produktentwicklung und Verwaltung sind weitere 40 Mitarbeiter tätig.
Fast die gesamte Produktion von Bionx geht in den Export - zu 70 Prozent in die USA, zu 20 Prozent nach Europa und zu rund 10 Prozent in sonstige Länder.
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Grünes Gold ist tägliches Brot
Nachhaltige Nutzung der Wälder sichert den Finnen ein hohes Pro-Kopf-Einkommen bei Exportgütern der holzverarbeitenden Industrie.
Finnische Holzverarbeitungsindustrie ist bedeutsam für die Volkswirtschaft
Zwei Drittel des Landes, etwa 26 Millionen Hektar, bestehen aus Wald. Damit stellt das Holz die größte Ressourcenquelle für Finnland dar, wodurch sich eine Ausrichtung der Volkswirtschaft auf Holzverarbeitung
und alles was dazu gehört anbietet. Denn zu diesem Industriekomplex gehört nicht nur die Holzwarenindustrie, Zellstoff-, Papier-, und Kartonindustrie bzw. -verarbeitung, Druck und Publikationen, Forstcluster genannt, sondern auch davon abhängige Branchen wie Möbelindustrie und Chemie. Außerdem stammen fast alle Maschinen, Rohstoffe wie Holz und die zur Verarbeitung benötigte Energien aus einheimischer Produktion und müssen deshalb nicht extra im Ausland gekauft werden. Man kann sogar sagen, dass die Volkswirtschaft durch die Holzverarbeitungsindustrie bestimmt wird. Am deutlichsten wird dies, wenn man sich Finnlands Export betrachtet. Da die Produktion den Bedarf der ca. 5 Millionen Finnen um ein Vielfaches übersteigt, besteht ein erheblicher Teil des Exportes (ca. 30 %) aus Produkten der Holzverarbeitungsindustrie. Dadurch hat Finnland auch eine führende Stellung in Druck-, Schreibpapieren und Holzverarbeitung auf dem Weltmarkt erreicht.
Der Export erfolgt in etwa 150 Länder, 70 % davon in die Länder der EU. 1998 betrug der Exportwert 11,1 Mrd. Euro. Wegen der geringen Bevölkerungszahl entspricht dies einer Summe von 2.200 Euro je Einwohner, was im Vergleich zu anderen Ländern sehr hoch liegt (Schweden: 1.200 Euro, Kanada: 850 Euro, Österreich: 500 Euro, Norwegen: 300 Euro, Deutschland 170 Euro).
Die Branche wandelt sich
In den letzten Jahrzehnten unterlag die Holzverarbeitungsindustrie einem ständigem Strukturwandel. Die Ausfuhr von Druck- und Schreibpapieren steigt seit Mitte der 70-er Jahren kontinuierlich an, während der
Export von Zeitungspapier stagniert. Druck- und Schreibpapier machen heute etwa 3/4 der Einkünfte aus, Prognosen sagen für die Zukunft eine weitere Steigerung voraus. Ein weiterer Grund für einen Wandel ist die
fortschreitende Globalisierung, durch die die Märkte näher zusammenrücken. So werden die Unternehmen vor neue Herausforderungen gestellt und der Wettbewerb verschärft sich laufend. Um die führende Stellung auf dem Weltmarkt zu behalten, verteilen sich die finnischen Unternehmen über die Welt, damit sie näher an ihren Kunden sind und einen besseren Service bieten können. Bis 1998 verlagerte sich so etwa 50 % der Papier- und Kartonproduktion ins Ausland. Außerdem werden enorme Summen (ca. 250 Mio. Euro) in Forschungsaktivitäten investiert. Recycling setzt sich zunehmend durch, die Emissionen wurden verringert und die Rohstoffnutzung erfolgt effizienter als früher. Neben innerbetrieblicher Forschung und Entwicklung
unterhält die finnische Holzverarbeitende Industrie auch eigenständig arbeitende Forschungsstätten wie z.B. das 1993 gegründete Europäische Forstinstitut.
Investitionen in die Umwelt
Ähnlich dem steigendem Einsatz für neue Techniken nimmt das Interesse für den Umweltschutz zu. Die finnische Holzverarbeitungsindustrie investierte 1998 etwa 187 Millionen Euro in den Umweltschutz, um u.a. die Waldzertifizierung voranzutreiben, das Kioto-Protokoll zu erfüllen und um die Energie- und Umweltsteuern zu bezahlen. Trotz der herausragenden Stellung der finnischen holzverarbeitenden Industrie
auf dem Weltmarkt besitzt Finnland nur 0,5 % des gesamten Waldbestandes. Deshalb sind ein besonders kontrollierter Abbau und Wiederaufforstungen nötig, um den Waldbestand nicht zu gefährden. Heute wächst
in Finnland mehr Wald als vor 50 Jahren, ein Ergebnis von Forschung und Entwicklung - und von Vernunft und Weitsicht.
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Hexenverfolgung auf Åland
Leena Lander: Der Schatten des Richters
Von Uwe Lorenz
Ein düsteres Kapitel åländischer Geschichte gestaltet Leena Lander in ihrem Roman: Der Schatten des Richters.
Im November 1665 bekommt Nils Psilander, Kreisrichter auf den Ålandinseln, einen Diebstahl angezeigt. Der Schuldige wird von der Bettlerin Karin P. benannt, die im Ruf steht, aus dem Kreise der Verdächtigen mit
Hilfe des Teufels den tatsächlichen Täter benennen zu können.
Als Zeugin geladen prahlt die Alte unbedarft mit ihren Künsten. Daraufhin kommt es zu einer Verurteilung als Hexe wegen zauberischer Weissagung. Am 6.8.1666 wird sie geköpft und ihre Leiche verbrannt. In der Zeit vor der Vollstreckung des Urteils denunziert sie weitere dreizehn Frauen des gleichen Verbrechens schuldig wie sie selbst. Das führt in den Jahren bis 1670 zu weiteren Untersuchungen. In sieben der verhandelten Fälle spricht der zuständige Richter Psilander die Todesstrafe aus. Die Prozesse sind durch Gerichtsakten belegt, zeitgenössische Quellen zum Hexenwesen ermöglichen Einblicke in die Geisteshaltung der Zeit.
Auf der Grundlage dieses historischen Geschehens gestaltet Leena Lander eine packende psychologische Studie über die fatale Verflechtung von Frauen und Männern, Leidenschaft und Schuld, Herrschaft und Religion. Der im Titel angesprochene Schatten ist im Sinne C. G. Jungs "die verhüllte, verdrängte, meist minderwertige und schuldhafte Persönlichkeit, welche ... den ganzen historischen Aspekt des Unbewussten umfasst."
Während der Lektüre werden die Schatten der Protagonisten auf eine Schaudern erregende Weise auch zu Schatten der Leser.
Eindrucksvoll zeigt Lander, dass das Vorhandensein des Bösen nicht das Fehlen des Guten bedeutet, und dass das moralische Bemühen, das Böse zu eliminieren, es gerade hervorbringt.
Die Handlung des Romans wird nachdenklich und offen entwickelt. Die Sprache deutet oft an und lässt die Sachverhalte revidierbar. Das aktiviert im Kopf der Leser eigene Bilder und Vorstellungen und zwingt sie geradezu, sich der eigenen Schattenpersönlichkeit zu stellen.
Der lesenswerte Roman vereinigt insgesamt geschickt Aspekte des historischen, des psychologischen und des emanzipatorischen Frauenromans.
Leena Lander wurde 1955 geboren und lebt in der Nähe von Turku. Sie ist eine der bedeutendsten Autorinnen der finnischen Gegenwartsliteratur. Ihre Werke wurden mehrfach preisgekrönt.
Ihr Roman ist auch auf Deutsch erhältlich:
Leena Lander: Der Schatten des Richters (Lankeaa pitkä varjo). Roman.
Aus dem Finnischen von Angela Plöger.
München: btb, Taschenbuch im Goldmann Verlag, 1998, 283 S.
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Eine große ålandische Erzählerin
Sally Salminen
Von Uwe Lorenz
Sally Alina Ingeborg Salminen wurde 1906 in Vårdö auf Åland als schwedisch sprechende Finnin geboren.
In jungen Jahren wanderte sie in die USA aus. Dort schrieb sie 1936 ihren berühmtesten Roman "Katrina", für den sie in Stockholm und Helsinki Literaturpreise erhielt. Robert Musil bezeichnete das Buch als einen
Welterfolg.
Der Roman erzählt die Lebensgeschichte der nordösterbottnischen Bauerntochter Katrina, die sich als junge Frau in den aufschneiderischen Seemann Johan verliebt, ihm nach Åland folgt und dort ein entbehrungsreiches Leben als Kätnerin führt. Die Höhen und Tiefen des harten Lebens der Frau werden gradlinig und einfühlsam, ohne Pathos oder Plattheiten beschrieben.
Mittelbar schildert der Roman auch die gesellschaftlichen Umbrüche zu Ende des 19. und zu Beginn des 20. Jahrhunderts auf Åland. Katrina selbst ist eine für ihre Zeit beeindruckende, selbstbewusste und starke
Frauenpersönlichkeit, die ihr Leben selbstständig gestaltet und die Verantwortung für ihren schwachen Mann und ihre Kinder allein trägt.
Auch ein späterer Roman - "Lars Laurila" (1943) - schildert das Heranwachsen des Titelhelden, einem Jungen aus einer finnisch-schwedischen Ehe, auf einer kleinen Insel im Schärengarten der Ålandinseln von
seinem 5. Lebensjahr bis zu seiner Auswanderung nach Schweden mit etwa 22 Jahren. Dargestellt wird, wie sich unter den Bedingungen des einfachen, intellektuell wenig anregenden Lebens Charakter und Denkungsart
eines wissbegierigen jungen Menschen herausbilden, dem alle Kraft aus einer grüblerischen Liebe zu seiner åländischen Heimat zuwächst. Das Geschehen entwickelt sich in enger Verschränkung mit den alltäglichen Lebensbedingungen der Schärenbevölkerung und der Auseinandersetzung um den Status der Ålandinseln zu Beginn des 20. Jahrhunderts. Störend wirkt das manchmal biologistische Verständnis von Denken und Fühlen als instinktgesteuert und durch Blutsbande bestimmt. Es lässt sich aber auch psychologisches Verständnis der
Schwierigkeiten von Heranwachsenden erkennen. Der Roman weist einige völkisch übersteigerte Tendenzen auf, die allerdings in der Person des Lars Laurila auch problematisiert werden. Das Buch hinterlässt so einen zwiespältigen Eindruck und bleibt in der Zeichnung der Personen hinter "Katrina" zurück.
Beide Bücher sind auch auf Deutsch erschienen und lassen sich über den öffentlichen Leihverkehr leicht beschaffen. Sie sind in vielen Auflagen bei unterschiedlichen Verlagen erschienen. Hier die bibliografischen
Angaben:
· Sally Salminen: Katrina (Katrina, 1936). Roman.
Aus dem Schwedischen übertragen von Edzart Schaper.
Wiesbaden: Inselverlag, 1955, 411 S.; auch Reinbeck bei Hamburg: Rowohlt, 1964
· Sally Salminen: Lars Laurila (Lars Laurila, 1943). Roman.
Aus dem Schwedischen übertragen von Ellen de Boor.
Krefeld: Scherpe Verlag, o.J. (1952), 504 S.
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Märta Tikkanen: Persönliche Fragen
Von Uwe Lorenz
Nach einer Pause von drei Jahren ist in der Reihe "rororo - Neue Frau" wieder ein neuer Roman der finnlandschwedischen Schriftstellerin Märta Tikkanen erschienen. Übersetzerin ist Verena Reichel.
Eine vierundzwanzigjährige und beruflich ambitionierte angehende Journalistin verliebt sich rettungs- und bedingungslos in einen erfahrenen, fünfzehn Jahre älteren verheirateten Kollegen. Als dieser sich der heftigen Dynamik dieser Beziehung durch eine arrangierte längere Dienstreise entzieht, offensichtlich um Distanz zu gewinnen, beginnt die junge und emanzipierte Frau über die neun Wochen der Trennung einen stummen, tagebuchartigen Dialog mit dem fernen Geliebten zu führen. Er dient der Versicherung des eigenen Selbst und der Deutung der erlebten Wirklichkeit durch Sprache.
Parallel zu diesem Selbsterforschungsprozess entdeckt sie, dass ihr früh verstorbener und ihr eng verbunden gewesener Vater eine intensive und geheime Beziehung zu einer Frau neben ihrer Mutter gehabt hat. Dieser ihrer aktuellen Situation so ähnlichen Beziehung spürt sie nach und rekonstruiert sie in nachgelassenen Dokumenten aus der Sicht des Vaters. Der aufgedeckte Beziehungsirrtum zwischen ihren Eltern und die Bindung gerade an die Beziehung durch die Eigenschaft als "Vater einer Tochter" lässt sie
auch die eigene Geschichte besser verstehen. Das Ergebnis dieser dreifachen Selbstversicherung wird dem Geliebten vorgelegt. Als dieser den schon
früh in ihren stummen Briefen formulierten Wunsch nach einem gemeinsamen Kind äußert, schreckt die Frau zurück. Damit bleibt dieses Verhältnis in der gleichen unglücklichen Spannung zwischen den gefühlsbestimmten Wünschen und den verstandesmäßigen Tatsächlichkeiten bestehen wie das Verhältnis zwischen dem Vater und seiner Geliebten. Das Leben wiederholt sich, wenn auch die Geschlechterrollen vertauscht sind.
"Die Zeit steht still, wir gehen weiter" könnte ein Schlüsselsatz des Romans sein.
Die 'persönlichen Fragen' drehen sich wieder um Tikkanens Hauptthema, um die Liebe zwischen den Geschlechtern und um die Liebe zwischen Eltern und Kindern und um die Unmöglichkeit, Liebe in voraussetzungsloser Absolutheit und Ebenbürtigkeit zu leben. Die verschiedenen Ebenen des Romans sind gelungen miteinander verbunden. Die kurzen Absätze geben den Aussagen ein besonderes Gewicht. Die Sprache ist intensiv und hat für mich oft einen herben poetischen Charme. Etwas merkwürdig mutet bei dem
emanzipierten Gehalt des Romans allerdings den deutschen Leser an, dass die Frau zu einem Info-Termin der Krankenpflegergewerkschaft muss, als ob nicht auch in Finnland die überwältigende Mehrheit in diesem Beruf weiblich ist. Aber hier handelt es sich eventuell auch um spezifische Übersetzungsprobleme, die in der schwedischen bzw. in den hinsichtlich des Gebrauchs der Geschlechter absonderlichen Eigenheiten der deutschen Sprache liegen.
Märta Tikkanen: Persönliche Fragen (Personliga angelägenheter. Stockholm: Trevi, 1996). Roman. Deutsch von Verena Reichel. Reinbek bei Hamburg: Rowohlt Taschenbuch Verlag, Oktober 1997, 216 S. ISBN 3-499-22142-X. 14,90 DM
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Die Auferstehung des Stummfilms
Juha
Aki Kaurismäki
Wenn Aki Kaurismäki ein Thema anpackt, wird ein Kunstwerk daraus. Bestimmte das entschlossene Schweigen schon die sechs vorausgegangenen Filme mit Kati Outinen, so ist es in diesem ins Extrem gesteigert: Kati Outinen erinnert denn auch mit "ihren umflorten Augen und ihrer blassen (Un-)Schönheit tatsächlich an einen Stummfilmstar" (Tagesspiegel).
Das Genre des Stummfilms paßt sehr gut dem finnischen Melodram nach dem gleichnamigen Roman von Juhani Aho: Zwei unschuldigen Kindern gleich leben die jüngere Maria und der ältere, gehbehinderte Juha in
selbstgenügsamer Liebe in einem ländlichen Paradies. Dieses ändert sich mit Shemeikka, der mit seinem Sportwagen im Paradies auftaucht und Maria verführt. Sie folgt ihm in die Stadt und landet in einem Bordell, wo sie als Putzfrau arbeitet und ein Kind zur Welt bringt. Juha entschließt sich nach längerer Einsamkeit, Maria zu suchen und sich an Shemeikka zu rächen.
Finnland 1999, 78 min, s/w Regie/Drehbuch: Aki Kaurismäki, Kamera: Timo Salminen, Musik: Anssi Tikanmaki,Darsteller: Kati Outinen, Sakari Kuosmanen, Andre Wilms.
Die Premiere war auf der Berlinale 1999 in der Sektion des Internationalen Forums.
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Humppa-Records
Männerschreichor und mehr
Ausgefallenes auf CD's
Die 1997 gegründete Firma Humppa-Records aus Erlangen und ihr Chef Mike Neun haben es sich zur Aufgabe gemacht, nur noch vollständig durchgeknallte finnische Tonträger zu veröffentlichen und damit
abseitige Sound-Delirien aus dem hohen Norden Europas dem Rest der Welt zugänglich zu machen. Auf der Suche nach Punkrockbands wurde man besonders im nordkarelischen Joensuu fündig, wo man auf Bands wie
Eläkeläiset, Oscar H.O.T. Quartett und HC Andersen stieß, die mittlerweile auch schon durch Deutschland getourt sind.
Eine andere Entdeckung für Mitteleuropa ist der Männerschreichor aus Oulu - Mieskuoro Huutajat. Seit nunmehr 10 Jahren schreien 30 Herren aus den verschiedensten musikalischen Genres unterschiedslos finnische Hymnen, Volkslieder oder anderes traditionelles Liedgut, sicher eine Grenzerfahrung der besonderen Art. Auf der CD ist das Jubiläumskonzert dieser "Schreihälse" zu hören.
Weitere verlegte Interpreten sind z. B. Aavikko oder Ne Luumäet. Die CD's sind zu taschengeldfreundlichen Preisen um die 25 DM über den Handel oder den TUG-Records-Online-Shop erhältlich, der sich rühmt, in Deutschland die größte Auswahl dieser Art von finnischer
Musik zu bieten.
Uwe Lorenz
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Saimaa
Ruderfieber in Sulkava
Von Wolfgang Koelle
Nach langen Wochen nahezu norddeutschen Wetters mit Eis und Regen, hat sich der Winter in finnischen Breitengraden offenbar besonnen. Knackige Kälte und ausgiebige Schneefälle bestimmen inzwischen die Landschaft. Und die Rudergemeinde Sulkava scheint sich, rein äußerlich, in den Winterschlaf begeben zu haben Doch der Schein trügt. Hinter der winterlichen Ruhe verbirgt sich ziemliche Betriebsamkeit.
Mit Skiern auf der Ruderroute
Die Vorbereitungen auf "Sulkavan Partalansaaren Hiihdot", das wintersportlichen Pendant zum Ruderfestival im Sommer, sind im vollen Gange. Zum zweiten Mal soll die Insel Partalansaari auf Skiern umrundet werden. Die vom Rudern her vertraute Landschaft auf Skiern zu erkunden, hat ureigene Reize, wie Teilnehmer bereits im letzten Jahr feststellten. "Für das Wohnen in solch wunderbarer Umgebung müßte eigentlich eine Extra-Steuer erhoben werden", stellte eine aus Helsinki angereiste Skiläuferin bereits im vorigen Winter fest. Daß es bei der Langlaufveranstaltung gelassen und ohne Hatz und Stoppuhr zugeht, wie es in Sulkava eben so üblich ist, fand die volle Zustimmung aller Teilnehmer. Und das waren bei der Premiere am zweiten Wochenende im März 1999 bereits nahezu hundert Wintersportler. Im Winter 2000 dürfte der Zuwachs nach der geglückten Pilotveranstaltung erheblich sein. "Dreihundert Skiläufer können wir ohne Schwierigkeiten im eigenen Dorf verkraften, selbst wenn sie das ganze Wochenende hier verbringen wollen", ist aus dem Organisationskomitee zu vernehmen.
Sulkava bereitet sich auf das Ruderfestival 2000 vor
Das zweite Ereignis, "Sulkavan Soudut" wirft seine Schatten ebenfalls schon auf die Gemeinde. Für den Uneingeweihten selbstverständlich unsichtbar, hat die Organisationsmaschine bereits mittlere Tourenzahlen
erreicht. Kein Tag vergeht, ohne daß Anmeldungen zum Ruderfestival auf den Tisch des "Piäsoutaja" Jukka Simpanen flattern. Und nicht selten hantiert er mit Netztelefon und Handy gleichzeitig, um Informationssuchende zufrieden zu stellen.
Auch in den Bootsbaubetrieben der Gemeinde sind die Zeichen auf "Suur-soudut" gestellt. Trotz tief verschneiter Landschaft bleibt nicht mehr allzu viel Zeit, bis der Saimaa wieder tiefblau zum Rudern einlädt.
Anmeldungen zur Teilnahme am internationalen Ruderfestival sind jetzt schon möglich. Wer weiß, vielleicht ist man Nr. 10.000 der aktiven Teilnehmerinnen und Teilnehmer. Diese Zahl soll im Jahr 2000 endlich überschritten werden.
Willkommen in Sulkava, zur Welt größten Ruderveranstaltung,
am zweiten Wochenende im Juli, vom 6. bis 9.7.2000!
Auskünfte und Informationsunterlagen:
Wolfgang Koelle
Siikaniementie 393 · FIN-58700 Sulkava
Tel.: 00358-15-472535 · Mobil: 00358-50-5669177
Wolfgang.Koelle@mail.wwnet.fi
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Tourismus
Die Nurmakucken
Deutsche in Finnland
In der letzten Ausgabe der LANDESNACHRICHTEN wurde in einem Kommentar "So nicht, bitte!" die etwas ungewöhnliche Art aufs Korn genommen, an einer
öffentlichen Raststätte Busreisende abzuzocken.
Dazu erreichte uns folgende Klarstellung:
Zum Kommentar in den LN Nov 99/ Nr.96: So nicht, bitte!
Hei Bernhard , es tut mir außerordentlich leid, dass euch in meiner zweiten Heimat so etwas passiert ist.
Dieses Schild: Halt! Zutritt 10 DM/Person, Privatgelände ist ein Fauxpas, aber auch eine metaphorische "Fliegenklatsche", um lästige Fliegenschwärme abzuwehren. So sieht es ein langjähriger
Lapplandfahrer, der Finnland wie kein zweiter kennt.
Hier nur eine von 'zig selbsterlebten Begebenheiten, an genau der gleichen Stelle. Deutscher Bus - 40 Leute quellen heraus - wollen Pinkelpause machen.
Inhaber, nichtsahnend, freut sich. Bedienung fragt: "Bitte schön, was darf sein?" Deutsche antworten: "Nur ma' kucken" und stehen Schlange vor dem WC. Nach Verlassen der Örtlichkeit: kein Klopapier, keine Papierhandtücher, Papiercontainer quillt über, 1/3 liegt nass und zerknüllt auf dem Boden. Viele Gaststätten, die außerhalb der Kommunen liegen, haben einen likakaivos für die Abwässer. Dieser Abwasserbehälter ist bei solch hohen Frequenzen bald voll und
einmal leeren und entsorgen kostet FIM 600.-
Zurück zu unseren Busleuten. Jetzt kommt der Hammer: Draußen hat der Busfahrer schon angerichtet, Erbsensuppe aus der bordeigenen Küche auf Papptellern. Auf dem Privatgelände löffeln die Touris ihre
Suppe und ruckzuck sind sämtliche Abfallkörbe voll von triefenden Papptellern und Plastiklöffeln. Frage: Wer entsorgt, wer trägt die Kosten? Die Reiseunternehmer machen ihren Profit auf Kosten anderer.
Eine Weile später: Nächster Bus mit "Schmeißfliegen" (Man muss es so krass sehen) ist im Anmarsch. Wieder kein Umsatz, nur Kosten.
Nun zu eurem Bus, Bernhard, ein Reisebus ist ein trojanisches Pferd, man erkennt nicht die im Innern verborgenen Finnlandfreunde. Ihr hättet nicht weiterfahren sollen.
Zum Schluss, was viele DFG'ler nicht wissen: Vor einigen Jahren schon hat sich eine neue Spezies in Finnland ausgebreitet. Die species numakukken germaniensis. Bis hoch nach Utsjoki haben die Deutschen den Spitznamen: Die "Nurmakucken". Im Golddorf Tankavaara kann man diese Spezies sogar in Holz
gearbeitet kaufen. Es sollen und müssen Touristen ins Land kommen, aber so nicht!
Heipa!
Werner Emig, DFG Dorsten
Welche Erfahrungen haben Sie als Touristen in Finnland gemacht?
Oder wie denken Sie als Finnen über den Umgang mit Touristen?
Bernhard Marewski, LN-Redaktion
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